Samstag, 6. Januar 2018

Der Bademantel und die #metoo-Debatte

Gestern bin ich bei Stern-online auf einen interessanten Artikel gestoßen. Luisa Schwebel schreibt über den Bademantel als wiederkehrendes Symbol in der Debatte um sexuelle Gewalt und befragt dazu den Diplompsychologen Markus Ernst.

Ich zitiere:

"Der Bademantel ist grundsätzlich ein Symbol für Privatheit, für Intimität. Den trägt man normalerweise zwischen Schlafzimmer und Badezimmer", erklärt Ernst. "In den geschilderten Vorfällen ist aber Folgendes passiert: Der Mann zwingt diese intime Atmosphäre einer anderen Person, in den meisten Fällen einer Frau, auf – und das ist letztlich eine Ausübung von Macht", so der Diplom-Psychologe. "Was Sie der Frau im Prinzip sagen, ist, 'ich muss nur den Gürtel öffnen und du bist der Situation und mir komplett ausgeliefert'. Denn es gibt ja fast keine textile Barriere mehr."
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Seit Oktober ist das Kleidungsstück also mehr: Es ist zum Warnsignal geworden. In vielen der Berichte um Harvey Weinstein und Co. wurde den Frauen, die der Filmproduzent sexuell belästigt, ja sogar vergewaltigt haben soll, erst dann das volle Ausmaß der Gefahr bewusst, als Weinstein ihnen im  gegenüber stand. Es ist ein Kleidungsstück, das in einer professionellen Situation – ein Vorstellungsgespräch, eine Konversation über einen anstehenden Film – als Grenzüberschreitung gesehen werden kann: jetzt wird eine Linie übertreten, jetzt geht es zu sehr ins Private.
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Waren es vielleicht nur Zufälle, dass viele der mutmaßlichen Täter ihrem Gegenüber im Morgenmantel entgegentraten? Wohl kaum, sagt der Psychologe: "Ich glaube schon, dass da ein bewusstes Handeln vorliegt. Und wahrscheinlich ist es nur die Spitze des Eisberges. Ich möchte nicht wissen, wie viele Chefs ihren Sekretärinnen in schlechten Hotels so begegnen", sagt Ernst. "Ich glaube nicht, dass es sich da um einen Zufall handelt, weil besagter Mann es einfach noch nicht geschafft hat, sich den Anzug anzuziehen. Es ist schlichtweg ein Werkzeug zur Machtausübung. Und zwar ein ganz mieses."

Auch in meinem Roman #fingerweg öffnet der Filmproduzent seiner Praktikantin die Tür im Bademantel.

Es ist gut, dass die #metoo-Debatte ins Rollen gekommen ist.
Es ist gut, dass immer mehr Frau es wagen, den Mund aufzumachen.
Und ich hoffe, dass ich mit meinem Buch junge Mädchen für das Thema sensibilisieren kann.


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